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Aus dem Krisennähkästchen, die zweite, oder: Literatur und Intellekt

Oh, wie lange litt der Paranoiker! So weit er zurückdenken kann, liebt er Krimis, angefangen bei den Klassikern wie Dashiel Hammett und Raymond Chandler, bis hin zu denen neueren Datums, z.B. von Elizabeth George oder Reginald Hill. Aber, oh große Ungemach, schnell wird einem eine solche Vorliebe zum Vorwurf gemacht! Von ‚Lies doch mal was vernünftiges, ein richtiges Buch!‘ bis hin zu ‚Und ich hab dich mal für einen Intellektuellen gehalten, weil du Tom Robbins kennst!‘ reichen die Anklagepunkte. Nun, gegen Tom Robbins hat er ja auch gar nichts – im Gegenteil, seine Bücher haben ihn fasziniert, auch anerkannte Literatur hat er verschlungen, aber trotzdem bleibt da eben die große Liebe zum Kriminalroman, der meterweise die Wohnzimmerregale durchhängen lässt.

Letzte Woche fiel dem Paranoiker, auf der urlaublichen Suche nach lange vergessenem Lesestoff, ein Buch von Patrick Quentin in die Hände, und nachdem er es erneut gelesen hatte, ohne daß er mich auch nur im geringsten an den Inhalt hätte erinnern können (ja, ja, das Alter hat durchaus auch angenehme Seiten…), freute er sich ganz diebisch, als er, am Ende und damit an der Seite mit dem berühmten ‚Bitte beachten Sie auch die folgenden Seiten‘ angekommen war, daß eben dort, wo die Bücher diverser Autoren angepriesen werden, über den anderen in diesem Verlag (Diogenes sei Dank) angebotenen Werken Quentins folgender Abschnitt, ein Zitat aus einem Beitrag des Hessischen Rundfunk, Frankfurt, zu lesen war:

‚Quentin zeigt anschaulich, worauf Ernst Bloch einmal in einer Verteidigung des Kriminalromans aufmerksam gemacht hat: Der Kriminalroman auf einer gewissenen Ebene kann, ohne die Spannung vernachlässigen zu müssen, private und gesellschaftliche Syndrome sichtbar machen, und zwar in einem Verfahren, das mit der Psychoanalyse auffallend parallel läuft… was Patrick Quentin eindrucksvoll bestätigt.‘

Und nicht nur er, würde er (der Paranoiker) meinen, sondern viele der von ihm (dem Paranoiker) verehrten Autoren, seien es die oben erwähnten, oder auch auch Sara Paretsky, Ian Rankin, Harry Kemelman, Ross MacDonald und und und…

Danke, Herr Bloch – der Autoren und des Paranoikers Ehre sei damit auch gegenüber Krimiverächtern wiederhergestellt, und so beruft er sich gerne auf Ihr Wort – und nimmt sich auch vor, demnächst eines Ihrer Werke zu lesen!

Es lebe die Kriminal-Literatur!

Krisenfragmente, die erste, oder: Google-Straßen-Ansichten – oder: Ansichten zu Google-Straßen-äh-View

Passend zur Paranoia und (sic!) passend zur miesen Krise was ganz Mieses: Google Street View. Ja ja, der Paranoiker schimpft natürlich erst Mal – gehört sich so für einen Grantler. Und der Paranoiker (komme jetzt keiner auf die Idee, daß es sich dabei etwa um mich handeln könne!) ist natürlich neugierig! Und so schließt er die Tür zu seinem Kabuff und zoomt sich rein in diese googleleske Map-World und erfreut sich daran, über die Champs-Elysees zu schlendern, mal kurz zu Notre-Dame aufzublicken und dann noch ein paar verflossene Urlaubsziele auf Sardinien anzusteuern… eigentlich ganz nett, aber…! Eben: ABER! Nun soll jeder seine Meinung haben dürfen, besagter Paranoiker hat eine, und die lautet: Da will ich meine Wohnung nicht sehen können. Denn was kommt danach – Geogetaggede Innenansichten, Schufa-Daten, Einkaufsverhalten (ach nee, Payback is ja nich), …?

Also gleich mal einen Einspruch an Google schicken. Und siehe da: Anfang dieser Woche, zeitgleich mit den ganzseitigen 5-Fragen-5-Antworten-Anzeigen in den großen Zeitungen kommt die Email mit dem Link auf die Einspruchsseite – toll, denkt sich der Paranoiker, nur um dann festzustellen, dass von ihm jetzt nicht nur der Name, sondern auch noch die genaue Adresse, eine genaue Positionsbestimmung der Wohnung auf dem Satellitenbild und auch noch eine Beschreibung des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, abgenötigt werden… geht’s noch?? Soll ich vielleicht auch noch ein Photo von mir mitschicken und einen Fragebogen über mein Sexualverhalten und ähnliches ausfüllen, weil das die Auffindung eines Photos eines Hauses erleichtert? Liebe Googles, was macht ihr eigentlich mit den Daten? Und wie lange wollt ihr die behalten?? Und wem gebt ihr die weiter??? Und was macht eigentlich unsere liebe Regierung? Wo bleibt denn da der Datenschutz? Jetzt soll ich plötzlich an ein privates Unternehmen Daten herausgeben, die vor drei Jahrzehnten noch von vielen dem Staat verweigert wurden? KRISE, sag ich da! Genau die krieg ich nämlich. Erst mal die Hosen runterlassen, damit das Photo, das dann davon gemacht wird, nicht ins Netz kommt! Genau umgekehrt müsste es doch sein: Warum müssen die mich nicht um Erlaubnis fragen, wenn sie was von mir veröffentlichen wollen? Grummel…

Und, nur damit das mal klar ist: Payback kommt dem Paranoiker nicht ins Haus!!

Miese Krise 2.0 beta-Version, oder: Auferstanden aus Ruinen…

Samstag Morgen ereilte den Paranoiker ein Anruf mit der Bitte um seelischen Beistand, den er kurze Zeit später selbst gut hätte gebrauchen können… Die ‚Miese Krise‘ ist weg! Wie ‚weg‘? Na, weg halt!

Der Paranoiker ist ein wahrer Programmier-Legastheniker und hat von daher nicht einmal die Hälfte dessen verstanden, was Renaldo ihm da am Telephon erzählte, begriff aber immerhin soviel, daß auf die Inhalte der alten Seite kein Zugriff mehr bestünde. Nun sollte man erwarten, daß ein Paranoiker auch Angst vor Datenverlust hat und dieserhalb und desterwegen seine Krisenbesprechungen auf anderen Datenträgern sichert (beispielsweise dem von ihm heißgeliebten Papier) – mitnichten!! Nachdem sich der Verursacher des ganzen Schlamassels schon selbst als (Zitat) Volltrottel (Zitat Ende) geoutet hat, schließt sich ihm der Paranoiker ganzen Herzens an – geteilte Trotteligkeit ist schließlich halbe Trottelligkeit!

Vielleicht mag es ihm gelingen, aus fragmentarischen Resten diverser USB-Sticks noch die ein oder andere Urversion so mancher Krisenberichte dem Netz zu übergeben (quasi als Krisenfragmente), auf daß die Quellenforschung kommender Internetarchäologen auch etwas zu tun bekomme – falls nicht, gibt es in Zukunft hier halt wieder neue Krisen – Angst, daß diese ausgehen könnten, braucht wahrlich niemand zu haben.

Die Krise ist tot – es lebe die Krise!