Alltagsgedanken 02

Lähmung

Es greift nach dir die Müdigkeit
bekannt dir schon von früheren Gedanken
sie raubt dir Kraft, sie raubt dir Zeit
bringt dir sogar den Geist  ins Wanken
du setzt dagegen dich im Sessel
mit aller Macht und Brot und Wein
im Endeffekt kommt sie wie sanfte Fessel
durch’s Buch hindurch und lullt dich ein   
kannst keines deiner Glieder noch bewegen
und Augenlider fallen schwer
auf alle Fälle fast ein Segen
spürst du die Lähmung längst nicht mehr

Bett zu verkaufen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

140 cm breit, 206,5 cm lang, 4 Schubladen Stauraum, Buchenlattenrost,
Massivholz von Möbelum, wenig Gebrauchsspuren – ein Schnäppchen also!

7 Gedanken zu „Alltagsgedanken 02“

  1. ‚Goethe war hier, Goethe war da…‘ Der Paranoiker denkt unwillkürlich an Rainald Grebe – ja ja, große Lyrik schillert (ha, ha: Wortwitz!) durch… Und letztlich bleibt als Quintessenz doch nur die Erkenntnis: ‚Wer nie sein Brot im Bette aß, der weiß nicht, wie sehr Krümel pieken!‘. Von wem war das jetzt? Irgendwo im Hinterkopf des Paranoikers klingelt da leise ‚Heinz Erhardt’… aber sicher ist er da auch nicht mehr… aber die Aussage stimmt!!! Mahlzeit! (Die Uhrzeit passt ja schon mal…)

  2. @ Anna

    Du solltest unbedingt deinen Job an den Nagel hängen und Literaturkritikerin werden. Die Welt sollte, bis du soweit bist, schon mal in Dankbarkeit vergehen, für die grandiose Wortschöpfung „goethig“ – bitte nicht verwechseln mit „Gothic“!!!

  3. Zu JottWeh:
    Wahre Krisenlyrik zu erkennen, ist meist gar nicht so einfach – doch du hast es geschafft. Natürlich gibt es Qualitätskriterien, die bei diesem Werk sicher eingehalten wurden. Das fängt an bei der moderaten Länge – auch Jottweh kann das abends noch zu sich nehmen – und geht bis zu der Verwendung des jeweils nächstbesten Reimwortes. Letzteres ist notwendig um die Bodenständigkeit des Produktes zu belegen. Nebenbei verhindert der Schüttelreim (kommt vom „Aus dem Ärmel Schütteln“) die intellektuelle Überforderung des Konsumenten und regt dadurch die Phantasie des Lesers an – es entstehen Bilder im Kopf, wie die von JottWeh in seinem Kommentar beschriebenen – die wohl seinem eigenen Leben entspringen dürften – ich meine das mit den Brotkrumen!
    Dies stellt nun auch wirklich jeden Kritiker ruhig, denn welcher Dichter kommuniziert heute schon direkt mit seinem Leser? Diese Interaktion ist gewünscht und der Autor stellt sich selbstverständlich und gerne dem Verfahren.
    When you got something to say – say it loud and proud!

  4. Zum Grübler. Gebrauchsspuren können Kratzer, Dellen und Verschmutzungen durch Staub oder Fett sein – wenn man zum Beispiel ein Butterbrot auf das Holz schmiert oder, vielleicht häufiger vokommend, eine Flasche Rotwein auf das Holz kippt, welches sich dann vollsaugt und fleckig wird! All dies ist bei diesem, zum Verkauf anstehenden Bett, nicht der Fall – es wurde hauptsächlich genutzt um darin zu schlafen, aber auch nicht oft, meistens nur nachts!

  5. Renaldo im Sessel, eingelullt vom Wein, vollgebröselt mit Brotkrumen, über seinem Buch eingepennt… kein Wunder, daß Lähmungserscheinungen auftreten, wenn er, Stunden später, aus verkrampfter Haltung erwacht… um dann gleich sein Bett feil zu bieten, welches bestimmt viel bequemeren Schlummer erlaubt und vor Verspannungen aller Art bewahrt hätte…

    Nein, der moderne Mann muß leiden und heroisch der Askese frönen…

    …da hilft nur: Wein…
    Aua, Krampf im Bein…

    Vielleicht würde auch ein besseres Buch helfen…

    Buenas noches!

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